WVZ Henry van de Velde

Werkverzeichnis der kunstgewerblichen und raumkünstlerischen Arbeiten Henry van de Veldes 1863– 1957

Der belgische Architekt und Designer Henry van de Velde (1863–1957) übte mit seiner klaren Formgebung bedeutenden Einfluss auf die Gestaltung der Moderne aus. Sein umfangreiches Œuvre umfasst Gemälde und Grafik, Architektur und Textilien, Möbel und Metallkunst wie Schmuck, Kerzenständer oder Bestecke. Des Weiteren entwarf er Gebrauchsgegenstände aus Keramik und Porzellan und war als Theoretiker, Schriftsteller und Typograph tätig. Im Rahmen eines Forschungsprojekts wird derzeit an der Klassik Stiftung Weimar ein Werkverzeichnis seiner raumkünstlerischen und kunstgewerblichen Arbeiten erstellt.

Es besteht ein eklatantes Missverhältnis zwischen der Wertschätzung, die Henry van de Veldes Werken heutzutage entgegengebracht wird, und dem aktuellen Forschungsstand. Seine Möbel, Keramiken und Silberarbeiten erzielen im Handel und auf internationalen Auktionen Spitzenpreise bei gleichzeitiger Unkenntnis der Entstehungszusammenhänge, der Datierungen und Hintergründe. Dieses Defizit möchte das Projekt der Klassik Stiftung Weimar auf vielfältigen Wunsch der Wissenschaft, aber auch der zahlreichen Sammler und des Kunsthandels schließen und dabei zugleich die innovativen Dimensionen und vitalen Verbindungsstränge zwischen Kunst und Gesellschaft im europäischen Kontext aufzeigen.

Direktion/ReferatMuseen
ProjektverantwortungDr. Annette Ludwig, Sabine Walter, Bea Maybach
Laufzeitvon 2001 bis 2016; von 2022 bis 2025

Projektüberblick

Bislang ist das umfangreiche Werk Henry van de Veldes lediglich in den Bereichen Architektur (Ploegarts 1987), Buchkunst (Brinks 2007) und frühe Möbel (Pecher 1981) aufgearbeitet worden. Dank der Förderung durch die DFG und die Ernst von Siemens Kunststiftung erforscht seit 2001 ein Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an der Klassik Stiftung Weimar die kunstgewerblichen Arbeiten. Hierzu werden sämtliche Objekte des Künstlers in öffentlicher und privater Hand zusammengetragen, dokumentiert und erforscht. Eine Zuschreibung erfolgt nicht aufgrund stilistischer Kriterien, sondern muss durch Quellen, wie Rechnungen, historischer Fotografien, belegt sein.

Die Forschungsergebnisse wurden bisher in drei von Thomas Föhl und Antje Neumann herausgegebenen Bänden veröffentlicht (2009 Metall/vergriffen; 2014 Textil, 2016 Keramik). Derzeit wird an dem Doppelband Möbel gearbeitet, welcher 2025 erscheinen wird.

Publikationen

Die Klassik Stiftung Weimar gibt das sechsbändige Werkverzeichnis der Raumkunst und des Kunsthandwerks des Designers und Architekten Henry van de Velde heraus und schließt damit eine Forschungslücke. Das Forschungsprojekt soll als zweisprachiges Grundlagenwerk die Desorientierungen im Hinblick auf Datierung, Umfang und Entstehungszusammenhänge von van de Veldes vielgestaltigen Arbeiten beenden.  Zukünftigen Irrtümern und Spekulationen soll ein ausführliches Markenverzeichnis vorbeugen.

Gestalter Bde. 2-3, Atelier Papenfuss, Weimar:
www.atelierpapenfuss.de/projekte/klassik-stiftung-weimar/werkverzeichnis-henry-van-de-velde.html

Bd. 1: Metallkunst

Der erste Band beschäftigt sich mit Metallarbeiten und umfasst Schmuck, Korpusware, Bestecke und Beleuchtungskörper. Erstmals werden hier die gestalterisch wegweisenden Silberarbeiten in Gänze erfasst, wie die außergewöhnlichen Besteckentwürfe Modell I bis III und 3000, wie auch die seit dem Jahr 1898 belegten Korpuswaren. Die zum großen Teil ab 1902 in der Weimarer Zeit durch die Hand Theodor Müllers entstandenen Silberarbeiten wurden mehrfach auf Ausstellungen ausgezeichnet und erhielten auf der Weltausstellung in Gent 1913 sogar die Silbermedaille. Henry van de Velde gestaltete die Gegenstände primär ihrem Zweck entsprechend und bezog funktionsbedingte Elemente in die organische Gesamtkomposition mit ein. Diese Art der Gestaltung löste eine kontroverse Debatte aus, die unter anderem Harry Graf Kessler mit einem Artikel 1904 zu „Van de Veldes Tafelsilber“ zu erklären versucht und ihm auch damit zu einem höheren Bekanntheitsgrad verhalf. Der Band schließt mit Verzeichnissen von Kunden, Auftraggebern, Firmen, Ausstellungen sowie einer Übersicht der unterschiedlichen Signets, Monogrammen und Marken der Metallarbeiten.

Insgesamt 4.000 erfasste Arbeiten ergeben 830 einzelne Katalognummern mit einem Umfang von 814 Seiten.

Henry van de Velde. Raumkunst und Kunsthandwerk. Ein Werkverzeichnis in sechs Bänden. Band 1: Metallkunst. Hrsg. von Thomas Föhl und Antje Neumann, Leipzig 2009.
(Seit Januar 2010 vergriffen.)

Gestalter: Sabine Golde & Otto Reitsperger, Leipzig

Bd. 2: Textilien

Der zweite Band des Werkverzeichnisses zum kunstgewerblichen Œuvre von Henry van de Velde ist unter Ägide des gleichnamigen DFG-Forschungsprojektes erschienen. Der Band ist dem textilen Werk des Künstlers gewidmet und umfasst die äußerst farbenfrohen Bereiche Mode, Fächer, Wandbehänge, Dekorationsstoffe und Teppiche. Der gewichtige und ästhetisch anspruchsvoll gestaltete Band kann mit einer Fülle neuer Entdeckungen aufwarten. So erfährt der Leser, dass die ersten textilen Arbeiten bereits aus dem Jahr 1892 datieren. Aus dem Bedürfnis heraus, modern und schlicht leben zu wollen, entwarf van de Velde bereits frühzeitig Kleider für seine Ehefrau Maria. In Weimar etablierte er noch vor Gründung der Kunstgewerbeschule ein Atelier für Teppichknüpferei. Hier entstanden farbenprächtige und zum Teil sehr großformatige Teppiche, von denen sich einige Originale erhalten haben.

Für den zweiten Band wurden über 1.000 textile Arbeiten Henry van de Veldes erfasst und ausgewertet. Daraus ergaben sich 225 Katalognummern mit mehr als 1.000 Abbildungen. Die erhaltenen Beispiele aller Arbeiten werden weitgehend in Neuaufnahmen abgebildet und durch Entwürfe, historische Abbildungen aus dem Nachlass van de Veldes sowie weiteren Quellen in ihrem Entstehungszusammenhang dokumentiert. Der 460 Seiten umfassende Band erschien zweisprachig im E. A. Seemann Verlag.

Henry van de Velde. Raumkunst und Kunsthandwerk. Ein Werkverzeichnis in sechs Bänden. Band 2: Textilien. Hrsg. von Thomas Föhl und Antje Neumann. Leipzig 2014.
ISBN: 978-3-86502-230-1
Preis: 148,- Euro

​Gewinner des German Design Award 2017:
www.german-design-award.com/die-gewinner/galerie/detail/4842-werkverzeichnis-henry-van-de-velde-band-2-textilien.html

Bd. 3: Keramik

Henry van de Velde widmete sich ab 1895 der Keramikgestaltung. Im Vergleich zu den ersten Ausführungen für derbe Fliesen aus der Produktion von Alexandre Bigot zeigen Arbeiten aus der Weimarer Zeit ab 1902 einen deutlichen Fortschritt des Künstlers im Umgang mit dem Werkstoff. Van de Velde entwickelte ein erstaunlich breites Spektrum an Gebrauchs- und Luxuskeramik. Er entwarf sowohl Bierkrüge, Schalen und Kerzenhalter als auch formvollendete Vasen und sogar Urnen. Für die Königlich-Sächsische Porzellan-Manufaktur in Meißen entwickelte er zudem ab 1903 ein 42-teiliges Tafelservice mit dem sogenannten ›Peitschenhieb-Dekor‹. Der Hauptanteil seiner Entwürfe war für die Keramikproduzenten im Westerwald und in Thüringen bestimmt, namentlich für die Zentren Höhr, Grenzhausen und Bürgel. Auch Weimar avancierte mit der Hoftöpferei J. F. Schmidt und der Kunstgewerbeschule zu einem wichtigen Ort der Keramikherstellung. In Zusammenarbeit mit seinen Schülerinnen und Schülern schuf Henry van de Velde hier Keramiken mit Seltenheitswert.

Henry van de Velde. Raumkunst und Kunsthandwerk. Ein Werkverzeichnis in sechs Bänden. Band 3: Keramik. Hrsg. von Thomas Föhl und Antje Neumann. Leipzig 2016.
ISBN: 987-3-86502-231-8
Preis: 148,- Euro

Bde. 4/5: Möbel

Seit 2022 wird an dem Doppelband zu Möbeln gearbeitet. Wie in den bereits behandelten Gattungen ist auch bei den Möbeln ist eine klare Entwicklung von der Ornamentik über einfachere Formen bis hin zum vorweggenommenem Bauhaus zu beobachten. Die Möbel wurden bis ins kleinste Detail gestaltet, wie Rollen aus Messing, Füße, Griffe und sogar Schlüssel. Der Künstler entwarf auch hier so funktional und ästhetisch wie in anderen Gattungen, sodass die ausführenden Firmen ihre Mühe hatten den Ansprüchen gerecht zu werden. In diesem Sinne werden seine Arbeiten erstmals auch im Hinblick auf Besonderheiten der Materialwahl und Konstruktionsprinzipien aus restauratorischer Sicht beleuchtet.

Zu den Möbeln werden hunderte Entwurfs- und Konstruktionszeichnungen überwiegend in La Cambre, Brüssel und der Klassik Stiftung Weimar aufbewahrt. Diese liefern auch Informationen zu Objekten, die nicht mehr erhalten sind.Weiterhin existieren historische Aufnahmen und Verkaufskataloge des Künstlers,  auf denen heute verlorenes Mobiliar dokumentiert ist. Sämtliche Dokumente werden für das Werkverzeichnis ausgewertet. Im Interesse stehen ebenfalls die ausführenden Möbelwerkstätten, wie z.B. van de Veldes eigene Unternehmen in Berlin und Brüssel, die Kunst- und Hoftischlerei Scheidemantel in Weimar und Herrmann Hirschwald in Berlin. Ausführlich werden diese in einem eigenen Aufsatz sowie in einem Herstellerverzeichnis behandelt.

Aufgrund des Umfangs der Entwürfe und ausgeführten Möbelstücke ist es technisch notwendig, den Katalog als Doppelband zu konzipieren. 

Henry van de Velde. Kunsthandwerkliche und raumkünstlerische Arbeiten. Werkverzeichnis in 6 Bänden. Bde. 4 und 5: Möbel.
Veröffentlichung geplant 2025.

Bd. 6: Raumkunst

Der das Werkverzeichnis abschließende sechste Band thematisiert die Raumkunst Henry van de Veldes. Meistens waren seine Entwürfe in ein ganzheitliches Gefüge eingebettetund lassen ihre durchdachte Gestaltung nur in diesem Kontext gänzlich erfahrbar werden. Mit diesem Ziel werden Aufträge und ursprünglich zusammengehörige Ensembles in Band 6 rekonstruiert. Ein sehr gutes Beispiel hierfür sind die eigenen Wohnhäuser der Familie, da dort kein Auftraggeber dem Künstler Grenzen setzte. Die Gestaltung kompletter Häuser, Wohnungen oder Zimmer, umfasste jegliche Art von Gattungen, wie Einbaumöbel, Lampen, Teppiche, Vorhänge, Wandbespannungen, Tapeten, Fenster und Türen, bis hin zu Klinken, Griffen und sogar Gardinenstangen. Zusätzlich sollen Objekte aufgenommen werden, die in den bisher erschienenen Bänden ausgenommen wurden, wie z.B. Heizkörperverkleidungen, Barometer oder Ofenschirme.

Henry van de Velde. Raumkunst und Kunsthandwerk. Ein Werkverzeichnis in sechs Bänden. Bd. 6: Raumkunst.
In Vorbereitung.

Blick aus der Wohndiele in den Salon des von Henry van de Velde gestaltete eigene Wohnhaus Haus Hohe Pappeln in Weimar
Haus Hohe Pappeln, Weimar, um 1915, Fotograf: Louis Held

Teilprojekt Online Werkverzeichnis

Die gedruckten Werkverzeichnisbände sollen voraussichtlich drei Jahre nach Erscheinen der letzten Publikation durch eine online-Datenbank ("Online WVZ") ergänzt werden. Die digitale Aufbereitung der Forschungsdaten ermöglicht eine stetige Korrektur und Erweiterung des Werkverzeichnisses aufgrund neuer Erkenntnisse und erweitert durch ihre Sortier- und Filterfunktionen sowie Verknüpfungen von Datensätzen einen raschen und zuverlässigen Zugriff auf die umfangreichen Forschungsergebnisse.

Förderer und Partner

Dieses Projekt wurde von 2001 bis 2016 durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Ernst von Siemens Kunststiftung gefördert. Derzeit erfolgt die Unterstützung vorrangig durch die Karin und Uwe Hollweg Stiftung und die Ernst von Siemens Kunststiftung. Weitere Förderer sind die Henry van de Velde Foundation und weitere Drittmittelgeber.

Pressespiegel

2016

Bd. 2 erhält German Design Award 2017
2016Ein Gesamtverzeichnis aller Werke Henry van de Veldes
2016Blogbeitrag: Henry van de Veldes Keramik
2015

Bd. 2 von der Stiftung Buchkunst ausgezeichnet

2014Präsentation Bd. 2:  »Die Kleidung muss dem Interieur angepasst sein«
2009Ankündigung Bd. 1: Metallkunst
2002Deutsche Welle: Projekt Werkverzeichnis – Aufruf

Henry van de Veldes Keramik

Blogbeitrag zum neuesten Band des Forschungsprojekts, der erstmals alle nachweisbaren Keramiken van de Veldes vereint und umfänglich zugehörige Firmen, Auftraggeber und Marken aufführt.

Ihre Unterstützung

Helfen Sie mit und teilen Sie Ihr Wissen mit uns!

Das Forschungsprojekt »Werkverzeichnis Henry van de Velde« sucht nach nicht erfassten Arbeiten für den Doppelband Möbel.

Das von der Klassik Stiftung Weimar geförderte Vorhaben bittet Privatbesitzer um Mithilfe bei der Fertigstellung dieser bisher einzigartigen Werkübersicht. Nur etwa zwei Drittel aller Arbeiten des belgischen Designers befinden sich weltweit im Besitz öffentlicher Sammlungen. Privatbesitzer sind daher herzlich eingeladen, sich für die Erfassung der bislang nicht katalogisierten Möbel van de Veldes an die Mitarbeiterinnen des Forschungsprojektes zu wenden.

Hierfür können Sie die Daten zu ihrem Objekt in das nebenstehende Formular eingeben oder aber einen Objekterfassungsbogen als Pdf (PDF, 103 KB) herunterzuladen und uns diesen ausgefüllt per Email oder auf dem Postweg zukommen lassen.

Ein Upload von digitalem Bildmaterial kann ebenfalls online erfolgen. Gern können Sie auch Ihre Fotos zusammen mit dem ausgefüllten Pdf per Email senden. Alle Angaben und Daten werden vertraulich behandelt und lediglich in einer internen Datenbank des Forschungsprojekts erfasst. Bei der Publikation der Werke werden die Besitzer nicht namentlich genannt, es sei denn, dies ist Ihr ausdrücklicher Wunsch.

Nur mit Ihrer Unterstützung können wir die größtmögliche Vollständigkeit des Werkverzeichnisses gewährleisten. Herzlichen Dank!

Formular Objektdatenerhebung

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Sollten Ihnen bereits Fotos Ihrer Möbel von Henry van de Velde vorliegen, würden wir uns freuen, wenn Sie uns diese für die Publikation zur Verfügung stellen. Sie können uns diese entweder per Mail oder über einen Downloadlink zukommen lassen.

Kontakt

Vorhaben der Klassik Stiftung Weimar werden gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Freistaat Thüringen, vertreten durch die Staatskanzlei Thüringen, Abteilung Kultur und Kunst.